Stellungnahmen der BI zu den offenen Fragen zum Schreiben von Mirco und Steffi Voss vom 07.01.2022

Frage: Als positiv sehen wir den Vorschlag für alternative Lösungsmöglichkeiten im Dorfkern. Diese wurde aber laut Ihren Angaben insbesondere bei der Reduzierung von Schwerlastverkehr vom Landkreis und von der Gemeinde bereits abgelehnt. Was für Alternativen gibt es für den Ortskern?


Antwort:

Um die Situation im Ortskern zu verbessern, gibt es unserer Ansicht auf jeden Fall Möglichkeiten. Der von uns bereits initiierte Antrag auf Tonnagenbeschränkung war zwar abgelehnt worden, doch glauben wir, dass durch mehr politischen Beistand und Druck aus der Bevölkerung doch nochmalig ein Vorstoß in diese Richtung gemacht werden könnte. Der Sachbearbeiter der Verkehrsbehörde hat aufgrund von nicht völlig aktuellen Zahlen, ohne Begutachtung von Polizei und zuständigen Behörden in Eigenregie den Antrag unseres Erachtens ohne gründliche Prüfung abgelehnt. Da aber laut §45 der StVO „Straßenverkehrsbehörden aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten können...zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung“ bzw. „zur Verhütung außerordentlicher Schäden an der Straße“ (man bedenke hier die vorhandenen und immer wiederkehrenden Straßenschäden im Adelharz durch den Schwerlastverkehr..) glauben wir, dass die Anordung einer Tonnagenbeschränkung weiter zu verfolgen ist. Natürlich wäre da eine Unterstützung der gesamten Bevölkerung, sowie von Seiten der Gemeinde (was bisher ausblieb) sehr von Vorteil.


Grundlegend sehen wir auch, dass als Alternative zum Bau der Ortsumfahrung grundsätzlich erst ein verträglicher Umbau der Ortsdurchfahrt als priorisierte Problemlösung gefunden werden sollte. Leider ist in diesem Bereich bisher kaum, bzw. sehr wenig geschehen. Wir haben uns schon mehrere Gedanken gemacht, wie es zu einer Verbesserung der Verkehrssituation in Rettenberg kommen könnte. Unseres Erachtens ist dies auch ein Punkt, der nur gemeinsam mit der Bevölkerung und kompetenten Fachbehörden erarbeitet werden kann. Daher wollen und können wir an dieser Stelle keine konkreten Maßnahmen nennen, da wir zwar Ideen mit uns tragen, doch nicht irgendwelche Ideen und Luftschlösser in die Welt setzen möchten. Im Idealfall wäre eine Bürgerwerkstatt (die wir übrigens schon vor geraumer Zeit dem Bürgermeister vorgeschlagen hatten, aber nicht erwünscht war…) in gemeinsamer Zusammenarbeit mit einem kompetenten Planungsbüro wünschenswert, um so Lösungen für ALLE zu finden!


 

Frage: Eine weitere Flächenversiegelung wird durch den Bau sicherlich erfolgen. Aber wenn man sich die Flächen gerade bei längeren Regenereignissen anschaut, so sind diese durch die landwirtschaftliche Bewirtschaftung und dem lehmhaltigen Boden eh schon sehr stark verdichtet. Laut den Befürwortern handelt es sich hier um 1,8 ha versiegelte Fläche. Wirken neu gestaltete Böschungen und Randflächen mit verbesserten Wasserablauf nicht dem entgegen?


In einem Artikel vom Bund Naturschutz steht folgendes:

 „Wiesen und Weiden sind Lebensraum einer reichen Flora und Fauna. Doch Grünland bietet noch viel mehr sogenannte Ökosystemdienstleistungen. Erstens: Es mindert die Gefahr von Hochwasser. Dank ihrer durchgehenden Pflanzendecke, dem stark durchwurzelten Boden sowie dem höheren Humusgehalt können Wiesen und Weiden deutlich mehr Wasser speichern als Ackerflächen. Der sogenannte Oberflächenabfluss (Wasser, das sofort wieder abfließt) ist deshalb nur halb so hoch. Pro Quadratmeter sind es bis zu zwei Liter. Niederschläge gelangen dadurch zeitverzögert in unsere Bäche und Flüsse, wodurch das Hochwasser niedriger - oder vielleicht sogar ganz ausfällt. Grünland zu erhalten ist also aktiver, natürlicher Hochwasserschutz.“ Quelle Die Bedeutung von Grünland | BUND Naturschutz (bund-naturschutz.de)


Zum gleichen Thema Auszug aus einem Artikel von Marion Ruppaner „Ökologische Funktionen von Wiesen und Weiden“:

Wasserschutz:

Dauergrünland speichert durch Bewuchs und Boden deutlich mehr Wasser als Ackerflächen. Auf einer Wiese werden bis zu zwei Liter pro Quadratmeter im „Tropfenkleid“ gehalten. Nach dem Regen verdunstet dieses Wasser wieder. Im Vergleich zu Ackerland ist der Oberflächenabfluss von Dauergrünland nur halb so hoch. Wiesen und Weiden dienen daher auch dem vorbeugenden Hochwasserschutz.“ Quelle https://www.kritischer-agrarbericht.de/fileadmin/Daten-KAB/KAB-2010/Ruppaner.pdf



Dass durch die Asphaltierung von Straßen die allgemeine Grünlandfläche reduziert wird und somit allgemein weniger „Speicher“ für Wasser zur Verfügung steht, brauchen wir nicht zu diskutieren.

Wie in der Frage formuliert, sollte das Wasser ja nicht besser ablaufen, sondern auf der Fläche gehalten werden. Selbst wenn zum Bau der Straße optimale „Entwässerungen“ geplant sind, enden sie letztendlich immer in einem „Vorfluter“, der in diesem Fall in Altach auflaufen wird. Aus vergangenen Situationen ist bekannt, dass das Hochwasser in Altach nicht erst einmal zum Problem geworden war.



Frage: Eine zusätzliche Förderung von Hochwasser durch die Straße halten wir für haltlos und nicht nachweisbar, sondern ist lediglich als Stimmungsmache hinsichtlich der aktuellen Situation zu bewerten. Woher stammen die Zahlen, dass hier neue Überschwemmungsgebiete entstehen?


Die Beantwortung der Frage ist bereits im oberen Punkt genannt. Konkrete Zahlen zu diesem Punkt wurden von uns nicht veröffentlicht und auch nicht, dass neue Überschwemmungsgebiete entstehen.




Frage: Dass Gaststätten an der Verlagerung der Straßen leiden, sehen wir nicht. Diese leiden mitunter mehr an der Nähe zur Straße. Sind Sie nicht der Meinung, dass ein Gast der verweilen will auch weiterhin durch den Ort fährt? Und wieso haben sich bisher keine neuen Geschäfte im Ortskern oder am Rand angesiedelt, obwohl die Staatsstraße genügend Kundschaft in den Ort bringt?


Laut Aussage eines Pächters einer Gaststätte in Rettenberg ist ein Umsatzplus von 25% zu verzeichnen, wenn die B308 Oberjoch gesperrt ist und die Umleitung durch Rettenberg führt. Dies ist als Indiz zu werten, dass durch den Durchgangsverkehr potenzielle Kunden angesprochen werden, die sonst nicht in Rettenberg konsumiert hätten.

Dass in Rettenberg die Infrastruktur mit Läden und Geschäften als nicht gerade optimal zu bezeichnen ist, hat unterschiedliche Gründe (z.B. keine Nachfolgegenertion…), aber es wird auch keinen neuen potenziellen Gewerbetreibenden reizen, in einem Dorf, an dem der Durchgangsverkehr außen vorbeifährt, sich anzusiedeln. Vergleiche dazu Blaichach an Spitzentagen mit ca. 15.000 Fahrzeugen und einer blühenden Geschäftswelt….

Auch eine Tankstelle wird ohne vorbeifahrende Fahrzeuge nicht mehr rentabel wirtschaften können.



Frage: Sie schreiben, dass es zu einer zusätzlichen Lärmbelastung der Bebauungen am Ortsrand kommt. Der Verlauf einer mit mind. 150 m Abstand und durch Böschungen geschützten Straßenführungen zum besiedelten Ortsrand ist wohl nicht mit der Belastung im Ortskern zu vergleichen. Aus unserer Sicht geht es bei einigen nicht um ein „Rettenberg für alle“, sondern, wie bewahre ich mir den Ausblick und die Ruhe vor meinem eigenen Hause. Liegen hier offizielle Gutachten vor, die zu einer deutlichen Verschlechterung gegenüber der jetzigen Streckenverlaufs führen? Könnten hier zusätzliche positiv wirkende Maßnahmen durch die Gemeinde erfolgen, die nicht durch das Straßenbauamt ausgeführt werden? Können diese Maßnahmen nicht entsprechend Ihres Leitspruchs „Rettenberg für Alle“ zum Wohle alle Rettenberger, ausreichend sein?


Laut staatlichem Bauamt wird kein Lärmschutz erforderlich sein, da die gesetzlichen Vorgaben zum Lärmschutz eingehalten werden. Das bedeutet aber nicht, dass durch den Verkehr auf der Ortsumfahrung kein Lärm verursacht wird. Natürlich wird die Geräuschkulisse sich für den Ortsrand und seine Anwohner sowie für den gesamten Ort verschlechtern. Durch die erlaubte Geschwindigkeit von 90km/h und der zu überwindende Höhenunterschied auf der gesamten Strecke wird mehr Lärm erzeugt werden, als mit 30 km/h durch den Ort. Genaue Zahlen dazu kann jedoch nur ein Lärmgutachten nachweisen, das von unserer BI angesprochen, doch bis jetzt nicht in Auftrag gegeben wurde.

Die Ortsumfahrung führt in seinem Streckenverlauf aufgrund der topographischen Lage entweder durch Einschnitte oder Dämme. Uns erschließt sich nicht, wie auf einem Damm ein vernünftiger Lärmschutz installiert werden kann und eine Fahrt durch einen Geländeeinschnitt wirkt von Natur aus schon durch die Trichterwirkung als Verstärker des Lärmpegels.

Auch mit Umgehungsstraße werden nach wie vor landwirtschaftliche Maschinen, Lkws, Schulbusse und Pkws innerorts verkehren. Welches offizielle Gutachten begründet, dass die Lärmbelastung innerorts besser wird?


 

Frage:Sie sprechen von jetzt schon von Enteignungen; bitte definieren Sie genauer welche Flächen jetzt schon oder später gegen den Willen des Eigentümers entzogen werden, die nachträglich nicht mind. gleichwertig und mit Einverständnis des Eigentümers ersetzt werden?


Von Enteignungen ist von unserer Seite nicht gesprochen worden, das Argument war von der BI „Zukunft Rettenberg“ durch den Artikel 14 des Grundgesetzes genannt worden, wahrscheinlich um zu verdeutlichen, dass Grundstücksbesitzer, wenn sich nicht bereit sind ihre Flächen zur Verfügung zu stellen, auch enteignet werden können.


Bei den betroffenen Grundstücken, die für den Bau der Straße herangezogen werden, handelt es sich um die Grundstücke von 8 Besitzern, wovon 5 sich – vertreten durch einen Anwalt –bedingungslos dagegen ausgesprochen haben, Flächen zu verkaufen oder zu tauschen. 70% der benötigten Fläche für die Ortsumfahrung sind im Eigentum dieser Besitzer. (In den aufgestellten „Schaufenstern“ sind die Grundstücke rot gekennzeichnet.) Dies bedeutet, dass es für den Baulastträger schwierig wird, eine schnelle Lösung zu finden, da der Erwerb der Grundstücke sich in jahrelangem Rechtsstreit erstrecken wird.

 

Frage: Nach Aussage der Befürworter wurden unabhängige von der Gemeinde, Tauschflächen im nahen Umkreis organisiert und angeboten. Wie stehen Sie zu dieser Aussage?


Diese Aussage ist falsch. Keinem der 5 oben genannten Grundstücksbesitzer ist eine Fläche angeboten worden.



Frage: Entsteht durch die Umgehung eine Mehrbelastung für Kranzegg? Laut Erläuterungsbericht ist durch Verlegung der Staatsstraße 2007 sind keine wesentlichen

Veränderungen der Verkehrsbelastung zu erwarten. Ja das Problem Kranzegg mit Steig

bleibt, aber wird dadurch nicht verschlechtert, oder?


Laut staatlichem Bauamt ist die Maßgebliche Strecke für die Planungen Sonthofen – Nesselwang. Laut Berechnungen der Fahrtzeit durch gängige Navigationssysteme wird die schnellste Strecke über B19, A7 mit 30 Minuten angegeben und über die Staatsstraße 2007 Rettenberg mit 31 Minuten. Durch die Ortsumfahrung wird die Fahrtzeit vermutlich ausgleichen werden, was dazu führen wird, dass z. B. Pendler den kürzeren Weg wählen.

Außerdem ist seit jeher bekannt , dass Mehr Straßen mehr Verkehr erzeugen wozu es einige Publikationen im Internet zu finden gibt. Dadurch, dass der Verkehr schneller um Rettenberg herumfahren kann, wird sich deshalb das Problem nach Kranzegg verlagern…


 

Fragen: Dass Sie zum Thema Unfälle mit Fußgängerbeteiligung auf eine Statistik hinweisen, zeigt wie oft sie das wirkliche geschehen im Ort nicht mitbekommen. Täglich hören wir die LKWs in der Kurve quietschen, laufen an die Fenster, weil es wieder rumpelt, wenn ein Traktor oder LKW auf den Gehsteig fährt und denken uns, wieder nicht´s passiert – zum Glück!


Die Erwähnung auf unserer Homepage beruht – wie auch auf der Seite hingewiesen – laut einer Statistik im Unfallatlas des Statistikportals.

Auch laut der Aussage von Frau Stelz vom staatlichen Bauamt Kempten bei der Infoveranstaltung im Frühjahr 2018, ist die Staatsstraße 2007 in Bezug auf Unfälle – wie auch immer – unauffällig. Wir haben diesen Punkt als Argument erwähnt, weil die Anzahl der Unfälle ein Kriterium zur Rechtfertigung des Straßenneubaus ist.


Dass die gefühlte Wirklichkeit der Anwohner konträr zu den aktuellen Zahlen ist, können wir nachvollziehen. Aus diesem Grund ist es uns als BI „Rettenberg für ALLE“ ein großes Anliegen, gemeinsam mit Euch/Ihnen ein schlüssiges Konzept zur Verbesserung der Sicherheit innerorts zu erarbeiten. Es liegt in unserem Interesse, dass die Situation im Ort so verändert wird, dass es ein Rettenberg für ALLE wird!!